Hass und Gott
AUSSERHALB Gottes ist alles absolut böse, furchtbar, Lüge, Hass, Perversion, Tod und immer schlimmer, als wir es uns je vorstellen können. Niemand kann das verstehen. Dort gibt es keine Wahrheit.
In gewisser Weise ist der Hass die Außengrenze Gottes. Da Gott aber keine Grenze hat, gibt es dieses Außerhalb nicht. Der Hass hat keine Substanz. Er, wie alles im Reich des Bösen, ist gelogen. Er ist eine Privation. Das ist ein Paradox. Das Böse ist die Verneinung des Lebens. Das Leben ist Gott. Damit existiert das Böse, aber es gibt es nicht, es hat kein Leben. Tut mir Leid, es ist nicht besser zu erklären, wobei die Begriffe existieren und geben auch umgekehrt gesetzt werden könnten. Nur stringent und kohärent muss es sein.
Die Kinder Gottes, die sich von Gott abwenden, gibt es nicht mehr. Aus der Liebe wenden sie sich in den Hass. Jetzt hassen sie und werden gehasst. Da dies weit über die menschliche Kompetenz hinausgeht, wirkt es auf die Menschheit, als ob die Architektur des Ganzen, also Gott, den Sünder hassen würde. Insofern kann man verstehen, wenn es so ausgedrückt wird. Tatsächlich aber ist es nicht Gott, sondern der Mensch selbst, der das Reich des Hasses gewählt hat. Wenn der Mensch sich einmal mit seiner unsterblichen Seele überzeitlich von Gott abgewendet hat, fällt er aus der Wahrheit. Für Gott ist er, so wie alles Böse, einfach nicht mehr da. Er ist in der Phantomzone, die existiert, ohne das es sie gibt, weil sie die Lüge selber ist.
Die Hölle ist genau das. Die Seele ist unsterblich erschaffen. Sie kann nicht aufhören zu existieren. Da sie sich aber abschließend gegen das Leben entschieden hat, kann es sie auch nicht geben. Das fühlt sich an wie ertrinken. Die Seele schnappt nach Luft, um sein zu können und wird gleichzeitig durch die Abwendung vom Leben daran gehindert. Da aber die Seele als Person und Leib eine Ganzheit bildet, ist das Ersticken ein Brennen im Feuer, das noch die letzte Faser verneint. Die Seele könnte jederzeit aus der Hölle, aber der Hass auf das Leben ist absolut festgeschrieben. Die Seele könnte allenfalls versuchen, mit Gott einen Deal zu machen, aber dann wäre sie immer noch der hochmütige Götze, der sie sein will. Ein echtes und ausreichendes Ja als Unterwerfung unter das Leben wäre es eben nicht. Man muss offen und ehrlich anbetend vor dem Tabernakel knien können.
Deshalb sind Mitleid oder Barmherzigkeit gegenüber der Hölle gegenstandslos.
Ein Modernist, der diese Zeilen wütend liest, sollte den Grund seiner Aufregung hinterfragen. Ja, der Mensch ist als Kind Gottes unvorstellbar mächtig. Das ist ja der „berechtigte“ Grund für den Hochmut. Er kann sich wirklich für Gott halten und so kann er sich auch durch Abwendung von Gott für die Hölle entscheiden. Sein Verstecken hinter die Schwäche seiner irdischen Psyche funktioniert nicht. „Meine Gene oder meine Umwelt haben mir keine Wahl gelassen“, kann niemals Entschuldigung sein. Die totbringende Sünde ist die Abwendung allein. Irdische böse Taten folgen ihr nur. Damit sind Sünder und Sünde ein und dasselbe. Eine Trennung ist nicht möglich. Allerdings ist die überzeitliche finale Entscheidung ausschlaggebend.
Existiert diese Erde, die so voll ist mit Menschen, die sich selbst für Gott halten? Menschen, die deshalb nicht mehr vor dem Tabernakel knien wollen oder können? Ist der Skeptizismus widerlegbar? Was ist mit dem Nihilismus von Nietzsche oder der existentialistischen Sinnlosigkeit? Wie kann es etwas absolut geben, das in der Zeit ist? Werden wir nicht überall belogen? Ist deshalb nicht auch der Glaube gelogen? So denkt der Hochmütige und lächelt sarkastisch. Er hat ja Recht. Er ist im Reich des Herrn der Welt, dem bösen Gott, im Reich der Lüge. Wir frommen Katholiken sind es nicht. Trotzdem kann es uns niemand verdenken, wenn wir nicht selbst manchmal Momente der Anfechtung haben. Genau das verherrlicht die Liebe umso mehr. Wir sind hier um das Geheimnis der Grenze und ihrer Überwindung zu lernen. Das Prinzip der Schöpfung verlangt das. Unsere Berufung ist groß.